Um
die bisher nur extensiv genutzten aber weit weg vom Fluss liegenden
Böden für die Exportlandwirtschaft (v.a. Obstplantagen) nutzen zu
können, sollen, durch
Ableiten eines Teiles des Wassers vom São Francisco,
Bewässerungsprojekte ermöglicht werden. Im Kaiserreich unter
dem Kaiser Dom Pedro II., also schon vor 130 Jahren, kamen die
ersten Pläne auf. Das Wasser soll mittels riesiger Pumpstationen und
Kanälen (in der Karte gelb dargestellt) in Richtung Norden geleitet
werden, wo dann das Wasser genutzt werden soll. Zudem sollen
temporäre Flüsse zu Flüssen mit ständig strömendem Wasser gemacht
werden. Nutznießer werden die Banken, wenige agroindustrielle
Unternehmen und die großen Baukonzerne sein. Die ökologischen
Schäden sowohl unterhalb der Entnahmestelle als auch dort, wo das
Wasser hingeleitet wird, sind von unabhängigen Untersuchungen
bestätigt. Auch ökonomisch rechnet sich das Ganze nicht, darauf
weist auch die Weltbank hin, die die Finanzierung des jetzigen
Projektes ablehnte. Die in dieser Region lebende Bevölkerung, die es
gelernt hat mit der Trockenheit zu leben,
wird nichts vom Projekt haben, im Gegenteil, sie muss um ihr
Land fürchten.
Unter dem Präsidenten
Cardoso konnte durch internationalen Protest das Projekt verhindert
werden. Die Initiatoren des Protestes waren damals der Meinung, dass
dieses pharaonische Projekt endgültig vom Tisch wäre; wir haben uns
getäuscht.
Der
derzeitige Stand
Jetzt, unter dem
Präsidenten Lula, ist es aus den Schubladen geholt und als Projekt
mit höchster Priorität gestartet worden. Die Bevölkerung,
Nichtregierungsorganisationen, aber auch die Industrie, die durch
das Ableiten des Wasser Schaden nehmen würde (es sind die Kraftwerke
unterhalb der Entnahmestellen) – als auch Regierungen von
Bundesstaaten, die gegen das Projekt sind
– wurden nicht oder unzureichend an den Entscheidungen
beteiligt. Der gesamte Prozess steht im starken Gegensatz zu den
Versprechungen der Regierung einer transparenten und partizipativen
Regierungsführung.
Dieses vorrangige
Projekt der Regierung im Rahmen des mehrjährigen Entwicklungsplanes
beinhaltet die Ableitung von 127m3/sec Wasser 600 km aufwärts von
der Mündung des São Francisco Fluss, wodurch das Problem der Dürre
im semiariden Brasilien gelöst werden soll (Versorgung von 6
Millionen Menschen und Bewässerung von 180 000 ha). Die Kosten und
der Nutzen des Projekts gehen – wie oben dargelegt - allerdings an
verschiedene Gruppen, d. h. es begünstigt die ohnehin Reichen.
Die abgeleitete Wassermenge fehlt aber auch für die
Stromgewinnung von drei Kraftwerken flussabwärts. In Trockenjahren,
wenn die Wasserführung auf 600 m3/sec sinkt, wäre das zusätzlich
eine ökologische Katastrophe.
Anstelle dieses von
oben herab geplanten Projektes hat die Zivilgesellschaft folgende
sozial und ökologisch gangbare Vorschläge:
Einbeziehung der
Bevölkerung bei der Ausarbeitung des Entwicklungsplanes des
gesamten São Francisco Beckens durch das Fluss-Becken-Komitees
(bis April 2004 vorgesehen);
Realisierung des „Permanenten Programms der Konviventia mit dem
semi-ariden - Klima“ (wartet als Gesetzesprojekt Nº 1114/99 auf
Behandlung im brasilianischen Kongress);
Ausnützung der
Regenwassernutzung für Haushalt, Landwirtschaft und Tierhaltung
(ein Anfang ist das Projekt Eine Million Zisternen von ASA –
Vereinigungen der nicht staatlichen Organisationen des
brasilianischen semi-ariden Gebietes);
Politik einer
echten „Revitalisierung“ des ganzen Flussbeckens (Flusslauf,
Quellgebiete, Ökosystem von Caatinga und Cerrado) unter
Berücksichtigung aller wirtschaftlichen, politischen, sozialen
und ökologischen Aspekte.