Ende der 70er Jahre erregte der Landkonflikt öffentliches Aufsehen
als verschiedene Anzeigen von Landraub seitens des Großunternehmen
Camaragibe S/A bekannt wurden. Damals kaufte dieses Großunternehmen
für ein staatlich finanziertes ProAlcool-Projekt Landtitel
- für die Bewohner waren es fremde unbekannte Personen - und
registrierte diese, als ob es ihr Landeigentum wäre. (Anmerkung:
Maniok war zur Alkoholherstellung gedacht). Der Landraub wurde als
Instrument verwendet, damit die Camaragibe öffentliche Mittel
erhielt. Aber nach kurzer Zeit stieg sie aus dem Projekt aus, da das
Unternehmen konkurs ging. Dies
wurde damals brasilienweit bekannt unter dem Namen ″der
Maniokskandal″. Die illegalen Landtitel, die das Unternehmen sich
durch den Landraub angeeignet hatte, wurden an die Brasilbank (Banco
do Brasil) als Hypothek und Form der Schuldenbegleichung des
Großunternehmens weitergegeben und später an die Unternehmer Alberto
Martins Pires Matos und Carlos Nisan Lima Silva zu einem Spottpreis
verkauft.
Am gravierendsten ist noch die Mitschuld des Richters Eduardo
Ferreira Padilha, der den Familien das Landrecht absprach und
dadurch die Familien dieser Landgemeinden im Jahre 2008 in tragische
Situationen voller Gewalt brachte.
Lesen Sie, welche Ungerechtigkeiten sich 2008 ereigneten:
Die
Rückkehr der Militärdiktatur in Riacho Grande, Minizip Casanova
Die Rückkehr der Vertriebenen, geschützt durch die Polizei
Zum Protest: Unsere brasilianischen Freunde
bitten uns um solidarischen Beistand in der Form, dass der Text aus
der Datei
protest_port.doc in
eine E-Mail kopiert wird; die Mailadressen sind aus der Datei
protest_port.doc
zu kopieren, als Betreff z.B. Protesto.
Wir gehen davon
aus, dass die Vertreibung der Kleinbauern unterbleibt, wenn genügend
internationaler Protest die Adressaten erreicht.
areia_grande_deutsch.doc
protest_port.doc
Meldung vom : 11.03.2010
Bauer aus
Areia Grande im Hinterland von Bahia ermordet
An Hand der
Anzahl der Patronen kann man erahnen, dass José hinge- richtet worden ist |
An Hand der Patronen
kann man erahnen, dass José hingerichtet worden ist. Jose Campos,
Vater von 10 Kindern, war eine Symbolfigur des Widerstandes im Kampf
um die Landrechte der traditionellen Kleinbauern-Gemeinschaften. Er
leistete Widerstand gegen die Versuche, die Gemeinschaft der
Ziegenbauern zu vertreiben, um dort Anbau für Ölpflanzen zur
Produktion von Biodiesel Platz zu machen. Investoren versuchen, sich
durch illegalen Landhandel der Weideflächen anzueignen.
Der Konflikt um das
Gebiet von Areia Grande, von dem 336 Familien, mehr als 1.800
Bewohner betroffen sind, war im März 2008 eskaliert. Häuser,
Stallungen und Zäune der traditionellen Gemeinschaft waren von
Pistoleiros der Landspekulanten zerstört worden. Auch das Haus von
José Campos war damals zerstört worden. Seitdem lebte er in einem
Zelt aus Plastikplanen.
Das ganze Jahr 2008
über kämpften die Bauern in verschiedenen rechtlichen Instanzen um
ihre Landrechte. Erst im Dezember letzten Jahres konnten sie einen
ersten Erfolg feiern, als die rechtlichen Verfahren, die von den
Investoren gegen das Dorf angestrengt worden waren, vom örtlichen
Richter für ungültig erklärt wurden.
Doch die Landmaffia
gab sich damit nicht geschlagen. Während der letzten zwei Wochen
berichten die Bewohner von Areia Grande, dass sich die Schergen
mehrfach versuchten, in das Dorfgebiet einzudringen. Nach
neuerlichen Bedrohungen erstatteten die besorgten Kleinbauern
Anzeige bei lokalen Polizei. Sie erhielten jedoch keine
Unterstützung.
Heute wird die Leiche
der gerichtsmedizinischen Analyse unterzogen. Die Staatsanwaltschaft
und der Mediator für Landkonflikte wurden bereits eingeschaltet.
Die Dorfbewohner
fordern effiziente Ermittlungen, die Bestrafung der Verantwortlichen
und die Wahrung der Sicherheit in ihren Dörfern sowie die
Anerkennung ihrer Landrechte.
CPT Bahia, 05-02-2009
Und hier die
Vorgeschichte
Seit einiger Zeit
erlebt die Region des Flussbeckens des Sao Francisco Ereignisse, die
an die Zeit der Militärdiktatur erinnern, nicht nur wegen der
Großprojekte (wie z.B. Ableitung des Flusses und Staudämme, etc.),
sondern wegen der Methoden die angewendet werden.
Am 6.3.2008 erschien
eine Gruppe von ca. 100 Polizeibeamten der Militärpolizei,
Zivilpolizei, Bundespolizei und einer Spezialgruppe, die ausgebildet
ist für die Zerstörung des Haschischanbaus in der Caatinga, im Dorf
Riacho Grande im Landkreis Casa Nova, Bahia, und zerstörten die
Häuser der kleinbäuerlichen Familien, die Stallungen der Tiere,
Zäune, usw.
Auf dieser Landfläche
(annähernd 40 000 ha) war in den 80 er Jahren ein sehr großes
Projekt des Großunternehmens Camaragibe geplant, bei dem Maniok zur
Alkoholherstellung produziert werden sollte. Allerdings ging das
Projekt damals pleite, auch weil der Widerstand der Landgemeinde
sehr groß war. Die finanzierenden Bank (Banco do Brasil) scheint die
Hypothek dieser Fläche an Dritte weitergegeben zu haben (zu einem
Spottpreis). Dabei wurde nicht berücksichtigt, dass seit über 20
Jahren vor allem junge kleinbäuerliche Familien auf dieser Fläche
leben und ihre Lebensgrundlage aus den Gemeinschaftsweideflächen
beziehen. Diese Familien halten auf den Flächen ca. 15 000 Tiere und
3.000 Bienenvölker, wobei sie Bankkredite (Banco do Brasil) von ca.
72 000 Reais aufgenommen hatten.
Die Polizeibeamten
kamen um 5:00 Uhr morgens und nahmen den kleinbäuerlichen Familien
alle Ausweispapiere und Schlüssel von allen Fahrzeugen ab, sie
nahmen den Kleinbauer Herrn Raimundo Campos Braga fest und
zerstörten alle Zäune, Häuser, die landwirtschaftliche
Produktion.... Sie zerstörten!
Allen anderen Leuten
die sich solidarisch zeigten und am Ort erschienen wurde der Zugang
verhindert. Erst nach langen Verhandlungen mit dem Rechtsanwalt
wurde es um 11:00 Uhr morgens einer kleiner Gruppe (Vertreter von
Kirche, CPT, Gewerkschaft, ...) erlaubt, die Fläche zu betreten um
sich um die kleinbäuerlichen Familien zu kümmern, die mit ansehen
mussten wie alles zerstört wurde.
Die Polizei konnte
keinen offiziellen Räumungsbefehl vorweisen, der auf bestehenden
Besitztiteln beruht. Sie verfügten lediglich über einen
richterlichen Bescheid, der bestätigt, dass ein Verfahren der
Übergabe der Landrechte von der Bank an neue Besitzer - Alberto
Martins Matos (Direktor der SAAE in Juazeiro) und Carlos Nizam Lima
Silva - eingeleitet ist. Selbst wenn dieses Übergabeverfahren
rechtmäßig verlaufen ist, haben sie keine rechtliche Basis für die
Vertreibung der Kleinbauern. Denn nach brasilianischem Landrecht
haben die Familien, die dort seit über 20 Jahren leben und
wirtschaften, mittlerweile durch Gewohnheitsrecht rechtlichen
Anspruch auf diese Landfläche.
Die brutale Gewalt
der Polizei, die in diesen Tagen in allen Regionen Brasiliens gegen
kleinbäuerliche Familien angewendet wird, zeigt, dass Brasilien
nicht vorangekommen ist im Umgang mit der traditionellen
Bevölkerung. Beweist auch, dass die richterliche Macht auf der Seite
des großen Kapitals steht und sich gegen die arme Bevölkerung
stellt.
Die Gruppen, die
diesen Aufruf unterzeichnen, protestieren gegen die Aktion der
Polizeibeamten und rufen auf zur Solidarität und zu einem
gemeinsamen Kampf, damit die kleinbäuerlichen Familien auf den
Flächen weiterhin leben und ihren Lebensunterhalt gewährleisten
können, mit ihrer Bienenzucht, Tierhaltung, etc. und in Frieden
leben können.
Der Kampf der letzten
30 Jahre darf nicht aufhören.
Casa Nova, 07.03.2008
AUSRUF DER
ENTRÜSTUNG. EIN ÜBERFALL AUF DIE GEMEINSCHAFTSWEIDE-FLÄCHE (FUNDO DE
PASTO) DURCH EINE RICHTERLICHE AMTSPERSON
"Ich scheiße und verzichte auf die Internationale
Konvention"
Dr. Eduardo
Padilha, Richter in Casa Nova, Bahia
Am Freitag, dem
5.3.2010 drangen einige Personen, die in zwei Kraftfahrzeugen
ankamen, in die Fläche der Gemeinschaftsweide Areia Grande gewaltsam
ein. Das Eingangstor wurde aufgebrochen und zum Teil zerstört,
außerdem das Haus des im Januar 2009 ermordeten Kleinbauern José
Campos Braga, genannt Zé de Antero. Dieser wurde aufgrund eines
herrschenden Landkonfliktes zwischen den Familien der Gemeinde und
den Großgrundbesitzern umgebracht.
Der Überfall löste
bei den Familien der betroffenen Gemeinden von Salina da Brrinca,
Jurema, Melancia und Riacho Grande Angst und Unsicherheit aus. Die
Familien zeigten diesen Vorfall bei der Polizeidienststelle in Casa
Nova an.
Die Vereinigung der
Rechtsanwälte der ländlichen ArbeiterInnen (Associação de
Advogados/as de Trabalhadores Rurais - AATR), die Landpastoral (CPT)
in Juazeiro und die Gewerkschaft der Arbeiter in
landwirtschaftlichen Großunternehmen (SINTAGRO) der Landkreise
Juazeiro, Curacá, Casa Nova, Sobradinho, Sento Sé und Vertreter der
BauernInnenvereinigungen des Fundo de Pasto suchten den Richter,
Herrn Dr. Eduardo Padilha, im Amtsgericht in Casa Nova auf, um ihn
über die Ereignisse zu informieren und um Vorkehrungen zu bitten, da
diese Situation große Spannungen verursachte.
Überraschenderweise
wurde den Anwesenden im Gespräch mit dem Magistrat bewusst, dass es
sich um eine Aktion handelt, die von ihm selbst beauftragt und
begleitet wurde, zusammen mit dem Staatsanwalt des Amtsgerichtes Dr.
Sebastiäo Coelho, von Beamten der Militärpolizei, dem
Gerichtsdiener, Herrn Alberto Rocha, bekannt unter dem Namen Feijao
und von Gileno de Andrade Almeida, der vom Richter als persönliche
Sicherheitsperson bezeichnet wurde. Es ist jedoch anzumerken, dass
Gileno sich selbst als Vertreter und Teilhaber der Großgrundbesitzer
bezeichnet.
Als Motiv des
gewaltsamen Eindringens gab der Richter eine erneute richterliche
Inspektion der Fläche an. Hierbei ist zu bemerken, dass eine
richterliche Inspektion der Fläche durch den Richter bereits am
19.02.2010 durchgeführt worden war, im Beisein eines Vertreters der
Coordenação de Desenvolvimento Agrário (CDA = Zentrale Kommission
der Agrarentwicklung des Bundesstaates Bahias) von AATR, CPT,
SINTAGRO, sowie der VertreterInnen der BauernInnenvereinigungen des
Fundo de Pasto.
Aber es war noch
nicht genug damit, gewaltsam auf die Fläche eingedrungen zu sein und
den einen vorbereitenden Prozessakt durchgeführt zu haben, ohne
darüber den Bundesstaat Bahia zu informieren, denn dieser ist
Urheber Beauftragende der Vermessung der Landflächen zur
Feststellung der Besitzverhältnisse, schloss der Richter die
Vertreter der CPT, SINTAGRO und BauernInnenvereinigungen aus und
debattierte mit den beiden Rechtsanwältinnen der AATR weiter, wobei
er seinen Standpunkt über die Nutzung der traditionellen Fläche
deutlich machte. Laut seiner Stellungnahme war die erste Inspektion
eine "Täuschung, ein Betrug, ein Schminken" und "ein gestellter
Zirkus". Er behauptete, dass auf der Fläche keine Menschen leben und
dass er weniger als 50 Ziegen auf der Fläche gesehen hat, und somit
es nicht gerechtfertigt ist, dass die Familien diese Fläche
erhalten. Der Richter bezweifelte auch die Arbeit der staatlichen
CDA, die Landraub von öffentlichem Land bestätigt und dass de facto
die Fläche von den Familien bewohnt wird. Er beschuldigte die CDA im
Abkommen mit den BauernInnenvereinigungen diese "Täuschung" begangen
zuhaben.
Im Gegensatz dazu
argumentierten die Rechtsanwältinnen der AATR, dass die Bevölkerung
der Fläche unter dem Systems des Fundo de Pasto keine ständige
Anwesenheit der Familien voraussetzt und dass die Tiere frei
gehalten werden. Außerdem machten sie darauf aufmerksam, dass eine
Internationale Konvention, ratifiziert vom Parlament, den Schutz
dieser traditionellen Form der Nutzung und Bevölkerung sicherstellt.
In diesem Moment verachtet der Magistrat dieses legale Instrument
und sagte: "Ich scheiße und verzichte auf die Internationale
Konvention".
Angesichts der
Argumentationen seitens der Vertreterinnen der AATR, gab der Richter
zu, dass er das System des Fundo de Pasto nicht kennt, weil er auch
nie am Land gewohnt hat, aber trotzdem hält er seine Stellung und
Interpretation über die Angelegenheit aufrecht.
Wir missbilligen den
Vorfall dieser richterlichen Inspektion, die den rechtsgültigen
Prozess nicht respektiert und im Widerspruch einer umfassenden
Verteidigung steht, die Verachtung des Magistrat in Beziehung der
Prozessregeln, die soziale Rechte in Bezug auf die jahrzehntelange
Bevölkerung und Nutzung der Gemeinden des Fundo de Pasto voll
unterstützt.
Wir bitten um
Unterstützung bei der Verbreitung dieser Stellungnahme und für den
Kampf der traditionellen Landgemeinden, damit diese weiterhin auf
ihrem Land verbleiben können.
Casa Nova,
11.03.2010
União das
Associações de Fundo de Pasto de Casa Nova (UNASF)
Associação de
Advogados de Trabalhadores Rurais no Estado da Bahia (AATR
Comissão Pastoral da Terra / Diocese de Juazeiro (CPT)
SINTAGRO-BA
Articulação do Semi-árido/Casa Nova (ASA)
Instituto Regional da Pequena Agropecuária Apropriada (IRPAA)
Paróquia São José Operário - Casa Nova